
Um einen neuen Zugang zum heiklen Thema "Ehevertrag" zu bekommen, führten wir mit Dr. Friedrich Schubert ein aufschlußreiches Interview.
Frage 1: Wieso sollte man Ihrer Meinung nach einen Ehevertrag machen?
In einem Ehevertrag können die Rechtsfolgen nicht nur für den worst case – eine allfällige Scheidung – vereinbart werden. Vielmehr werden damit auch die Auswirkungen für die Ehe selbst geregelt. Dies ist vor allem für jene Heiratswilligen von Interesse, welche von den gesetzlichen Bestimmungen und der dazu ergangenen Rechtsprechung abweichen bzw. die gesetzlichen Bestimmungen konkretisieren wollen.
Beispielsweise hat nach § 94 ABGB jener Ehegatte, der den gemeinsamen Haushalt führt, gegenüber dem anderen Ehegatten einen Unterhaltsanspruch, der vom unterhaltsberechtigten Ehegatten zum Teil oder auch ganz in Geld verlangt werden kann. Nach ständiger Rechtsprechung beläuft sich dieser Unterhalt für die „Hausfrau“ bzw. den „Hausmann“ auf 33 % des Nettoeinkommens des Unterhaltsverpflichteten.
Möchte man von diesen 33 % abweichen oder aber von vornherein einen Fixbetrag festsetzen, ist die Aufnahme einer entsprechenden Vereinbarung in einem Ehevertrag sinnvoll.
Frage 2: Welche Vorteile ergeben sich durch einen Ehevertrag? Vereinfacht sich dadurch etwas?
Ja! Unbedingt! Denn ein Ehevertrag schafft Klarheit und vermeidet Streitigkeiten. Dies sowohl während aufrechter Ehe, als auch im Scheidungsfall.
Abgesehen davon ist es sinnvoll, zu einem Zeitpunkt, zu dem man sich gut versteht, Vereinbarungen über Bereiche zu treffen, die „streitanfällig“ sind.
Vor allem im Zeitpunkt der Scheidung herrscht oftmals emotionaler Ausnahmezustand, in welchem man mitunter für vernünftige und durchdachte Lösungen nicht (mehr) zugänglich ist. Durch einen guten Ehevertrag erspart man sich einen möglicherweise jahrelangen extrem kostenintensiven „Rosenkrieg“.
Frage 3: Geht Ihrer Meinung nach der Trend hin oder weg zu Eheverträgen?
In meiner Kanzlei ist ein deutlicher Trend in Richtung Eheverträge erkennbar.
Frage 4: Warum ist das so?
Einerseits sind immer mehr Ehepaare realistisch genug, um zu wissen, dass eine Ehe in der heutigen Zeit oftmals nicht mehr ein Leben lang hält. Da macht es Sinn, schon im Vorfeld durchdachte Regelungen für den Fall einer Trennung und/oder Scheidung zu treffen.
Andererseits hat der Gesetzgeber durch eine Novelle, die mit 1. Jänner 2010 in Kraft getreten ist, das Eherecht liberalisiert, sodass heute viel mehr Bereiche als früher durch Eheverträge regelbar sind.
Beispielsweise konnte man bis Ende 2009 nicht wirksam regeln, wer im Scheidungsfalle die Ehewohnung erhalten soll. Dies hielt mitunter Paare, die heiraten wollten, sogar von einer Eheschließung ab. Denn man wollte nicht riskieren, dass eine seit langem in Familienbesitz befindliche Wohnmöglichkeit als Folge einer gescheiterten Ehe den Eigentümer wechselt. Auch wurden mitunter Paare von Verwandten nicht mit einer Wohnmöglichkeit ausgestattet, weil diese fürchten mussten, dass die Wohnung nach einem allfälligen Scheitern der Ehe dem anderen Ehegatten übertragen wird. Seit 1. Jänner 2010 ist es hingegen möglich, schon vor der Eheschließung eine Vereinbarung über das Schicksal der Ehewohnung im Scheidungsfall zu treffen.
Weiters sind jetzt die Unterhaltspflichten endlich regelbar.
Frage 5: Sind Eheverträge fair?
Inhalt von Eheverträgen ist immer nur das, worüber sich die beiden Heiratswilligen geeinigt haben. Der Vertragserrichter setzt die Wünsche der Heiratswilligen im Ehevertrag um. Es liegt an einem auch menschlich agierenden Vertragserrichter, unfaire – oder auch nur nicht bis zur letzten Konsequenz durchgedachte – „Wünsche“ zu relativieren und einen Interessensausgleich zu schaffen.
Empfindet daher ein Partner eine vom anderen Partner vorgeschlagene Regelung als unfair, dann sollte diese Regelung vorab – gemeinsam mit dem Vertragserrichter – erörtert und nach Alternativen gesucht werden.
Selbstverständlich sollte niemand einen Ehevertrag schließen, mit dessen Inhalt er nicht zu 100 % einverstanden ist.
Frage 6: Muss bei einem Ehevertrag eine „Partei“ auf etwas verzichten?
Nein. Nur dann, wenn ein Partner – freiwillig – auf etwas verzichten möchte, kann dies im Ehevertrag aufgenommen werden. Zu denken ist in diesem Zusammenhang etwa an den Verzicht eines Partners auf Ehegattenunterhalt nach einer allfälligen Scheidung.
Frage 7: Von wem, wie und wann wird ein Ehevertrag errichtet?
Eheverträge können sowohl von Notaren als auch von Rechtsanwälten errichtet werden.
Abhängig davon, welche Bereiche im Ehevertrag geregelt werden, ist der Vertrag formfrei wirksam oder unterliegt bestimmten Formvorschriften.
Eheverträge können zu jedem beliebigen Zeitpunkt geschlossen werden, also sowohl vor als auch nach der Eheschließung. Ändern sich die Rahmenbedingungen (z.B. erhebliche Einkommensänderungen), ist eine Anpassung des Ehevertrages zweckmäßig.
Experten-Tipp: Mit einem guten Ehevertrag vorsorgen, kann jahrelange Streitigkeiten vermeiden.